Das Verfahren zur Ostumfahrung Wiener Neustadt war bisher
über weite Strecken von Intransparenz, Schlampigkeit und Oberflächlichkeit
geprägt. Leider müssen wir nunmehr auch bei der Entscheidung des
Bundesverwaltungsgerichts Zweifel am korrekten Vorgehen anmelden. Die
Entscheidung wurde den am Verfahren beteiligten Bürgerinitiativen erst
wesentlich später als dem Projektwerber mitgeteilt. Darüber hinaus erfolgte –
eine durchaus hinterfragenswerte Vorgehensweise – die Zustellung der
Entscheidung in den Weihnachtsferien. Wir, die Bürgerinitiativen L.A.M.A. und „Ostumfahrung
– So nicht!“ haben deshalb untenstehenden Offenen Brief an das
Bundesverwaltungsgericht geschrieben.
Offener Brief
An den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Mag. Harald
Perl und den Vizepräsidenten Dr. Michael Sachs!
Wir beziehen uns auf das Verfahren zur Rechtssache „B17 Umfahrung Wiener Neustadt Ost, Teil 2“ und um die aktuell erfolgte Entscheidung des BVwG (VR Dr. Christian Baumgartner) in dieser Causa.
Es geht hier nicht um eine Kritik am Inhalt der Entscheidung, sondern es geht um die Art, wie diese Entscheidung zugestellt und den Parteien kenntlich gemacht wurde. Der Projektwerber wurde vor den anderen am Verfahren beteiligten Parteien vom Ausgang des Verfahrens informiert.* Hier muss wohl eine Bevorzugung des Projektwerbers durch das Bundesverwaltungsgericht vermutet werden.
- Es
hat aber nicht nur der Projektwerber offensichtlich frühzeitig
und vor den anderen Parteien Kenntnis erlangt, sondern auch der
Wiener Neustädter Bürgermeister Mag. Klaus Schneeberger, der de
iure nicht einmal am Verfahren beteiligt war.** Es ist uns natürlich
bewusst, dass die Postzustellung durch die Feiertage etwas
verzögert ist. Trotzdem gibt es keine einleuchtende Erklärung,
warum die Bürgerinitiativen nicht via E-Mail informiert
wurden. Während des Verfahrens hat das ja sehr gut geklappt
und die Kommunikation mit Bürgermeister Schneeberger scheint
auch gut geklappt zu haben.
Wie beurteilen Sie dieses Vorgehen? Dies stellt – so würden wir meinen – eine Benachteiligung der sonstigen am Verfahren beteiligten Parteien (Bürgerinitiativen, Umweltschutzorganisationen, private Anrainer) dar. - Wie beurteilen Sie im Allgemeinen und im gegenständlichen Fall im Besonderen die Tatsache, dass eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts während der Weihnachtsferien zugestellt wird? Dies beschränkt die Möglichkeiten für Bürgerinitiativen und andere Prozessbeteiligte drastisch, eventuell noch auf den Spruch des Gerichts zu reagieren. Auch sind die Rechtsanwälte in den meisten Fällen erst nach den Ferien verfügbar.
- Stellen
Ihrer Meinung nach die erwähnten Vorgangsweisen die Objektivität
und Unabhängigkeit Ihres Gerichts in Frage?
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Vizepräsident, wir sind überzeugt, dass diese Themen über den konkreten einzelnen Anlassfall relevant sind und ersuchen Sie um Beantwortung dieser Fragen – durchaus auch im öffentlichen Rahmen.
Mit freundlichen Grüßen
Georg Panovsky | Tanja Windbüchler-Souschill |
Zustellungsbevollmächtigter Bürgerinitiative „Ostumfahrung – So nicht!“ | Zustellungsbevollmächtigte Bürgerinitiative "L.A.M.A." |
* siehe die folgende Aussendung: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20201223_OTS0077/bundesverwaltungsgericht-bestaetigt-uvp-bescheid-fuer-ostumfahrung-wiener-neustadt
** siehe die folgende Aussendung: https://www.wiener-neustadt.at/de/stadt/aktuelles-detail/bundes-verwaltungsgericht-bestaetigt-positiven-uvp-bescheid-fuer-ostumfahrung