Mittwoch, 23. Dezember 2020

Bundesverwaltungsgericht sagt Ja zur Ostumfahrung

Es war leider nach dem Verlauf der Verhandlung zu erwarten: Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) hat den Bescheid zur Ostumfahrung bestätigt und den Bau unter mehreren Auflagen (u.a. für den Zieselschutz) genehmigt. Juristisch kann gegen diese Entscheidung noch mit zwei Mitteln vorgegangen werden: einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder – unter bestimmten Voraussetzungen - einer so genannten Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

Dass es so gekommen ist, ist vor allem der Rechtslage zu verdanken, die im Konfliktfall Natur- und Umweltschutz und Anrainerinteressen hintanstellt. Es ist keineswegs so, wie der Neustädter Bürgermeister hinausposaunte, dass das Straßenprojekt „höchste Ansprüche an Natur und Mensch“ erfüllt.  Von diesen „höchsten Ansprüchen“ war im Lauf der insgesamt 6 Verhandlungstage  am BVwG nichts zu sehen und zu hören.

Vielmehr ist es schon ausreichend, wenn nebulose „öffentliche Interessen“ geltend gemacht werden, die schlicht darin bestehen, dass die Ostumfahrung im Mobilitätskonzept des Landes Niederösterreich verankert ist. Und dieses nebulose „öffentliche Interesse“ bewirkt, dass Natur- und Umweltschutz völlig ausgehebelt werden und etwa der Schutz der Natura-2000-Gebiete rund um die Warme Fischa nichts mehr wert ist.

Es wird nunmehr in den nächsten Tagen geprüft, wie und ob weitere rechtliche Schritte (s. oben) gegen die Ostumfahrung unternommen werden (können).

Anbei die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in vollem Umfang:

BVwG - Entscheidung zur Ostumfahrung Teil 1
BVwG - Entscheidung zur Ostumfahrung Teil 2
BVwG - Entscheidung zur Ostumfahrung Teil 3


Presseaussendung zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts:

Entscheid zur Ostumfahrung – Ein Schaden für Mensch und Umwelt

Das positive Urteil zur Ostumfahrung Wiener Neustadt hat sich leider abgezeichnet. „Wir haben nicht gegen Windmühlen gekämpft, sondern gegen die herrschende Gesetzeslage“, sagt Georg Panovsky, Initiator der Bürgerinitiative „Ostumfahrung – So nicht!“. Diese Gesetzeslage ist auf Seiten der Zubetonierer. So bemerkte der Vorsitzende Richter am Bundesverwaltungsgericht bei der Verhandlung: „Sie können ganz Österreich zubetonieren und es gibt kein Gesetz, das dies verhindern würde“.

Die entsprechenden Gesetze kennen den Begriff des öffentlichen Interesses. Dieses „öffentliche Interesse“ wird jedoch höchst einseitig ausgelegt. Politische Absichtserklärungen wie das Niederösterreichische Mobilitätskonzept werden als öffentliches Interesse akzeptiert. Naturschutz, Klimaziele und die Interesse der beeinträchtigten Anrainerinnen und Anrainer kommen als öffentliches Interesse aber nicht vor.

So ist es leider auch kein Wunder, dass die Interessen der Anrainerinnen und Anrainer nicht berücksichtigt wurden und Folgewirkungen durch die Ostumfahrung als irrelevant abgetan wurden. Im Zentrum der Politik standen ja schon bisher jene Anrainer an den viel befahrenen Straßen wie Nestroystraße oder Grazer Straße, die durch die Ostumfahrung angeblich eine Entlastung erfahren sollten. Anrainer an der geplanten Trasse wurden dagegen bis heute ignoriert.

Anrainer und Anrainer – manche sind gleicher

Faktum ist aber: Die Anrainer an den jetzt schon belasteten Straßen wie Nestroystraße oder Grazer Straße werden praktisch keine Entlastung durch die Ostumfahrung spüren. Das zeigen die vom Land selbst (!) vorgelegten Verkehrsuntersuchungen. Eine Erhöhung der Verkehrssicherheit ist, das gab der zuständige Sachverständige bei der Verhandlung auch zu, ebenfalls nicht zu erwarten. Auf der anderen Seite stehen die Anrainer, die von der Politik bisher völlig ignoriert wurden, nämlich diejenigen, die an oder in der Nähe der Trasse wohnen. Für sie ergeben sich massive Verschlechterungen: es sind dies die Anrainer am Kleinen Lazarett, die künftig statt freier Felder eine stark frequentierte Straße vor ihren Augen haben werden. Es sind dies die Anrainer rund um die Stampfgasse, die dadurch in Mitleidenschaft bezogen werden, dass der Zubringerverkehr zur Ostumfahrung durch ihre Siedlung rollen wird. Und es sind dies die Anrainer beim Haderäckerweg bzw. im Nordosten beim Schafflerhof, die direkt an der Trasse wohnen.

Fazit: Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist ein trauriger Tag für den Naturschutz und für die Anrainerinnen und Anrainer. All die hehren Ziele wie Klima- und Naturschutz oder Kampf gegen die Bodenversiegelung, sind, wenn es um konkrete Projekte geht, plötzlich nichts mehr wert. Wir werden aber weiter dafür kämpfen, dass dieses anachronistische Verkehrsprojekt aus der politischen Steinzeit nicht verwirklich werden kann.